MEISTERHAFT FREI
141. Kolumne seit 2008 „Wir rufen Günther Koch“
Print-Ausgabe 16.Mai 2013
NEUMARKTER TAGBLATT/MITTELBAYERISCHE ZEITUNG
vgl.auch www.mittelbayerische.de
Wann feiert der Club mal wieder eine Deutsche Meisterschaft oder wenigstens einen Pokalsieg? Das mit einer weiteren Deutschen Meisterschaft schließe ich im anrüchigen modernen Gewerbe-, Konzern- und Geschäfts-Fußball so gut wie aus.
Es sei denn, plötzlich kommt ein Scheich daher – aber genau das wollen wir um Himmels Willen nicht und haben wir beim 1. FC Nürnberg auch nicht nötig. Doch nicht traurig sein, liebe abgehärtete, wetterfeste Clubfans: Das ist kein Nachteil – denn: „ Wir sind der Club!“ Noch besser: Bei uns kann jedes Mitglied des 1. FCN zu Recht sagen und dabei stolz auf seinen 1.FCN-Mitglieder-Schal zeigen: „Ich bin der Club!“
Wo, bitte, gibt es das sonst noch? Nirgends! Hoffentlich bleibt das für immer so: der 1. FC Nürnberg e.V. mit Selbstbestimmung durch die Mitglieder und einem von diesen Mitgliedern gewählten Aufsichtsrat. Und das alles ohne Scheich. Ein 100-prozentiger mitglieder- und basisorientierter Verein also.
Doch ein Pokal-Sieg könnte in den nächsten Jahren mit etwas Glück schon klappen. Vielleicht mit dem Glück, mit dem wir heuer diverse Spiele gewonnen haben. Doch wegen einer plötzlich dem Club mehrfach gewogenen Glücksgöttin Fortuna muss sich gerade dieser, unser leidgeprüfter 1. FCN, wirklich nicht schämen!
Dort, wo vergangenen Samstag die FC-Bayern-Combo mit ihren Millionarios pflichtgemäß ihren 23. Titel feierte, jubelte ich anno 1954 als zwölfjähriger Lederhosenbub unseren Weltmeistern zu – allen voran Toni Turek, Fritz Walter, Helmut Rahn und natürlich Max Morlock und Charly Mai.
Furchtbar geregnet hatte es damals. Aber bis zu unserer Wohnung in Schwabing war’s ja nicht allzu weit und lang zu Fuß. Ein Radl hatte ich damals noch nicht. War erst zur Konfirmation drin und fast Luxus. So wie Fußball-Meisterschaften heutzutage nur für Luxus-Gesellschafter oder -AGs und Schein-Vereine möglich sind.
Aber – und jetzt kommt’s, liebe Cluberer – eine jährliche Meisterfeier der anderen, feineren und ehrlicheren Art könnte ich mir schon vorstellen. Unser heiß geliebter, einmaliger, von niemandem gekaufter 1. FC Nürnberg hat nach jedem erfolgreichem Bundesliga-Jahr eine besondere Meisterfeier verdient. Nachdem es dem Mitglieder-Verein 1. FCN jetzt gelungen ist, vier Jahre hintereinander in der Bundesliga zu spielen, und wir ab August das fünfte Jahr in Folge Bundesligist sein und hoffentlich für immer bleiben können, wäre allein das aus meiner Sicht ab 2014 jedes Jahr eine Meisterfeier wert!
Allerdings eine gänzlich andere als bei den Groß-Einkäufern und Reichen der Bundesliga: Eine bewusst fränkische Meisterfeier aller freien und unabhängigen Cluberer ohne Großkonzerne und Kapital- Gesellschaften. Motto: „Lieber titellos – dafür aber meisterhaft frei!“
Euer
Günther Koch
Tags: "Ich bin der Club", 1.FCN e.V, 2014, anrüchig moderner Gewerbe-Fußball, Cluberer, Glücksgöttin Fortuna, Meisterfeier, Meisterhaft, Mitglieder-Schal, Titellos aber meisterhaft frei", WIR sind der CLUB
18. Mai 2013 um 8:08
Ein meisterlicher Kommentar! Applaus!
18. Mai 2013 um 12:12
Danke.Lieber mittellos und frei und doch dabei! DAS ist wahrhaft meisterhaft
18. Mai 2013 um 12:12
Eben!
19. Mai 2013 um 21:21
Zum Thema „Freiheit“: 1860 lässt grüßen!
Zur Saison: Dass es am Ende dieser Spielzeit sogar zwei Punkte mehr sind als im Vorjahr (und wie im Vorjahr Platz 10) hätte ich vor dieser Saison nicht gedacht…und sofort (!) unterschrieben! Also sollten wir doch bitte schön das Positive sind – aber dennoch an einer Weiterentwicklung in der Zukunft arbeiten!
09. Juni 2013 um 17:17
Weiß nicht, ob das öffentlich kommuniziert wurde bzw. als Ziel ausgegeben worden ist. Wird der Club denn zur nächsten Jahreshauptversammlung völlig „Verbindlichkeitsfrei“ sein? Jedenfalls ein großer Moment, auf den jeder Clubfan stolz sein kann. Wann gab es dies zuletzt?