DAS INTERVIEW zur 150. KOLUMNE für MZ/NMT

da es einige wohl nicht mehr im Print ( 15.11.13)
erwischt haben bzw. auch nicht im Netz unter www.mittelbayerische.de,
hier also auf Wunsch einzelner

die    11 Fragen von GERD SCHLITTENBAUER
und  11 Antworten

Neumarkt/Nürnberg.
Günther Koch hat in dieser Ausgabe seine 150. Kolumne für das Neumarkter Tagblatt geschrieben. Er beleuchtete professionell Hintergründe beim 1. FC Nürnberg und streifte gekonnt das Bundesliga-Fußballgeschehen. Anlässlich dieses kleinen Jubiläums unterhielten wir uns mit der Reporter-Legende.

Herr Koch, heute erscheint Ihre 150. Kolumne für das Tagblatt. Über welches Thema haben Sie am liebsten geschrieben?

Über meine Freude am Fußballsport ganz allgemein. Über meine Sympathie für generell alle bayerischen Vereine. Und natürlich über meine – nicht immer glückliche – Liebe zum CLUB.

Sie haben begleitend zu Ihrer Reporter-Karriere das Schreiben entdeckt. Was macht mehr Spaß?

Spaß macht beides! Mir persönliches liegt aber ganz klar das freie Sprechen am Mikrofon am meisten. Am liebsten live aus irgendeinem Stadion Europas mitten unter den Zuschauern.

Was ist der größte Unterschied zwischen einer Radio-Reportage und dem Schreiben einer Kolumne?

Das gesprochene Wort ist fort. Danach geht nix mehr! Das ist und bleibt der größte Nervenkitzel. Eigentlich begann bei mir aber alles mit dem Schreiben. Als Münchner Student schrieb ich Kolumnen für das Evangelische Sonntagsblatt von Bayern ab 1962. Beim Schreiben musst Du viel genauer arbeiten. Da kommt es auf jedes Wort und dessen Stellung im Satz an. Malerische Hilfsmittel wie Stimme, Stimmung, Modulation, Tonlage, Kunstpausen etc. stehen Dir da nicht zur Verfügung.

Sie haben in Ihrer Reporter-Karriere so manches erlebt. Was war das schönste Ereignis und welches das bitterste?

Die schönsten Ereignisse waren der erste Club-Aufstieg im Juni 1978 mit Hans Walitzas Tor zum 1:0 gegen RW Essen („Sie kommen gerade richtig!“) Derselbe Hans Walitza, der mit mir sieben Jahre zuvor auf drei B-Schein-Trainer-Lehrgängen war. Und dann natürlich die Reportage vom Pokalsieg 2007 für Bayern 3 live aus Berlin („Ich spinn – aber ich spinn gerne für den Club!“) Was den FC Bayern München anbetrifft, war es der Sieg in Mailand 2001 im Champions-League-Finale gegen den FC Valencia nach Verlängerung und Elfmeterschießen.

Bitterst war der Club-Abstieg 1999 als ich im Abstiegskampf wimmerte: „Tooor, Toor, Toor! Tor in Nürnberg! Ich pack das nicht! Ich halt das nicht mehr aus! Ich will das nicht mehr sehn – aber sie haben ein Tor gemacht. Ich glaub’ es nicht. Aber der Ball ist drin. Ich weiß nicht, wie: Kopfball von Nikl, Flanke von Kuka, Treffer für die Cluberer!“ Und keine zwei Minuten später: „Hallo, hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund..!“ Es war einfach nur grausam. Aber ich habe Gott sei Dank trotz aller Niedergeschlagenheit nicht vergessen, am Mikrofon allen erfolgreichen Konkurrenten fair zu gratulieren.

Welches war das für Sie herausragendste Interview, das Sie geführt haben?

Jenes mit Franz Josef-Strauß, als er mir und allen Nürnbergern im September 1986 mindestens zehn Millionen DM („unterste Grenze zehn Millionen – nach oben sind ja der Wohltätigkeit bekanntlich keine Grenzen gesetzt“) zum Nürnberger Stadion-Umbau versprach. Das Interview hab ich noch! Und vor allem jenes mit Ewald Lienen nach einem 6:0-Pokalspiel-Sieg seiner Gladbacher in Fürth. Da sprachen wir beide geschlagene vier Minuten nur über die Friedensbewegung und den Wahnsinn der weltweit agierenden Rüstungskonzerne. Der BR war überrascht. Natürlich hab ich auch dieses Interview vom Dezember 1983 noch und vor zwei Jahren Ewald Lienen persönlich in Nürnberg als Kopie geschenkt…

Vermissen Sie nach Ende Ihrer Reporter-Karriere diesen Job sehr?

An manchen Tagen: JA! Deshalb wurde ich im März diesen Jahres sogar nochmals rückfällig und übertrug zusammen mit Fabian von Wachsmann für das Fußballradio 90elf, das es leider nicht mehr gibt, 90 Minuten lang das wichtige Champions-League Achtelfinal-Rückspiel FC Bayern München –  FC Arsenal London (0:2).

Was ist momentan Ihre Lieblings-Beschäftigung in Ihrer Freizeit?

Reisen mit meiner Frau, die meine Fußball-Leidenschaft ein Leben lang immer geduldet und erduldet hat, sowie Gartenarbeiten, Theater- und Konzertbesuche, Pflege meiner 14 Rosenarten und vor allem der montägliche Presse-Kick mit meinen jüngeren Kollegen.

Die 150. Kolumne erscheint ausgerechnet dann, wenn der 1. FC Nürnberg am Ende der Erstliga-Tabelle steht. Was glauben Sie, muss passieren, dass der Club in dieser Saison noch gerettet wird?

Bitte keine eigenen Aluminiumtreffer mehr, sondern nur solche von den Gegnern und möglichst neun Siege aus den restlichen 22 Spielen. Als Cluberer muss ich einfach dran glauben.

Wer ist Ihr Lieblingsspieler beim 1. FC Nürnberg und warum?

Markus Feulner: ein reifer, umsichtiger Mann mit weitem Horizont, eleganter fußballerischer Klasse und stets unaufdringlichem vorbildhaftem Verhalten. Leider tritt er zu wenig in die Öffentlichkeit.

Sie sind ständiger Zaungast beim Training. Welche Qualitäten haben Sie beim neuen Trainer Gertjan Verbeek ausgemacht?

Er und sein Kompanion Raymond inspirieren – übrigens auch die zunehmende Zahl an Trainings-Kiebitzen – durch ein ideenreiches, anspruchsvolles Training, bei dem alle gefordert sind und immer auf sanfte aber bestimmte Art erfahren, wo ihre Mängel sind und wie sie diese beheben können. Zudem greift Gertjan Verbeek nicht nur mit ruhigen aber bestimmten Worten ein, sondern er zeigt auch selbst, wie’s geht. Und – sehr wichtig: Auch die Roh-Diamanten Toni Colak und Sebastian Gärtner aus unserer U 23 von Roger Prinzen dürfen regelmäßig mittrainieren.

Sollte das „Phantom-Tor“ des Club in Mönchengladbach jetzt endgültig dazu anregen, mehr technische Hilfsmittel für die Schiris zuzulassen? Und welche?

Ach, Leute. Dazu habe ich oft genug in meinen 150 Tagblatt-Kolumnen eindeutig „JA“ gesagt und die FIFA bewusst angegriffen. Der Chip im Ball und der Video-Beweis müssen her, will man halbwegs glaubwürdig werden (nicht bleiben)! Während der entstehenden Spiel-Unterbrechungen würde ich zur Ablenkung und Auflockerung die Balljungen mitten auf dem Platz – jeder mit einem Ball – zeigen lassen, was sie können! Das wär’ mein Traum und 50 000 hätten ihre helle Freude daran!

 

 

Tags:

2 Antworten zu “DAS INTERVIEW zur 150. KOLUMNE für MZ/NMT”

  1. wallys sagt:

    »Wir melden uns vom Abgrund!« – Immer was los auf der Pressetribüne des 1. FCN
    Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt: Kaum ein deutscher Fußballverein hat die Gemüter seiner Anhänger in den letzten Jahrzehnten dermaßen strapaziert, wie der 1. FC Nürnberg. Der Altmeister aus der Noris sorgte dabei für so manch positive Schlagzeile, tappte aber quasi im Gegenzug prompt ins nächste Fettnäpfchen. Für die Berichterstatter vom Valznerweiher waren es mehr oder weniger schwierige, meistens jedoch bewegte Zeiten.
    Langjährige und immer wieder auch leidgeprüfte Pressevertreter berichten auf Einladung der Akademie im südpunkt von ihrer Arbeit mit und rund um den Club. Sie erzählen von besonderen Erlebnissen, speziellen Partien, denkwürdigen Entwicklungen und ihren persönlich prägendsten Erfahrungen. Dieter Bracke, langjähriger Sportchef der Nürnberger Zeitung, saß als Berufsanfänger bei Nürnbergs letzter Meisterschaft schon auf der Pressetribüne. Bis heute muss er mit dem ‚Vorwurf‘ leben, Trainer Max Merkel aus dem Amt geschrieben zu haben. Günther Koch kommentierte für den Bayerischen Rundfunk leidenschaftlich über Aufstiege (1984) und Abstiege (1999). Heute ist die Radio-Legende Mitglied im Aufsichtsrat des 1. FCN. Harald Kaiser kam Anfang der 80er Jahre zum kicker-Sportmagazin. Als gebürtiger Nürnberger und Autor mehrerer Club-Chroniken ging ihm der Spieleraufstand gegen Trainer Heinz Höher besonders nahe. Alle drei wollen auch Einblicke geben, wie sich der Arbeitsalltag eines Sportjournalisten im Laufe der Zeit gewandelt hat und welches Anforderungsprofil der Beruf heute hat. Die Runde wird moderiert von Oliver Tubenauer (Bayerischer Rundfunk).
    Termin: Dienstag, 3.12.2013, 19.30 Uhr
    Ort: südpunkt (Großer Saal), Pillenreutherstraße 147, 90459 Nürnberg
    Veranstalter: Deutsche Akademie für Fußball-Kultur in Zusammenarbeit mit südpunkt
    Eintritt frei!
    DEUTSCHE AKADEMIE FÜR FUSSBALL-KULTUR

  2. Günther sagt:

    DANKE!! JA, das wird sicher ein spannender Abend !!

Hinterlasse eine Antwort