Ja, wo bin ich denn hier ?

133.Kolumne „Wir rufen Günther Koch“
Print-Ausgabe NEUMARKTER TAGBLATT/ MITTELBAYERISCHE ZEITUNG
Samstag,Sonntag 19./20. Januar 2013

vgl.auch www.mittelbayerische.de

Als ich noch als Münchner „Halbstarker“ aus Schwabing eines Samstags im Sommer 1957 in dieser schönen Stadt Nürnberg, in jenem damals „Städtischen Stadion“ auf einer roten Aschenbahn beim 1000 m Lauf vor der Haupttribüne zum Endspurt ansetzte, hätte ich nie gedacht, dass dieses Stadion mal so etwas wie mein zweites Wohnzimmer werden würde.
Dass ich als Münchner mal durch und durch Cluberer werden würde, erst recht nicht. Und jetzt – bald 56 Jahre danach – kämpfe ich mich neulich im unwirklichen Winter 2013 an einem trüben, nasskalten, regnerischen Januar-Samstag mit dem Fahrrad durch den am Stadion angrenzenden Wald auf matschigem, unwegsamem Gelände am Langwasserbach entlang in eben dieses gegenwärtig namenlose Stadion zu einem sogenannten „Winter Game Spiel“: Verrückte Welt! 69 Euro hab ich für meine Eintrittskarte gezahlt.
Wollte halt unbedingt wissen, was die da mit und in „meinem“ Stadion für eine Show veranstalten. Hoch oben sehe und höre ich zwischen gleißenden Flutlichtmasten im Nieselregen einen Hubschrauber über unserem schönen Stadion-Achteck Slalom knattern.
Unter mir glänzen kalte, Schnee imitierende Abdeckplanen auf dem Rasen-Rechteck. Neben mir und um mich herum kommen und gehen auffallend viele gut gelaunte aber frierende Frauen, Kinder und Jugendliche mit Pommes Frites, Cola und anderem ungesunden Zeug bewaffnet.
Na, Servus ! Ja, wo bin ich denn hier? Bevor ich’s vergesse: Neben viel Gesang, Trallala und krächzender Werbung fand fast nebenbei auch ein Eishockeyspiel statt. Allerdings sah man wenig vom Puck – dafür aber eine schöne Werbebande. Da saß ich also nun und guckte mich immer wieder entgeistert um: Ist das noch „mein“ Stadion? Natürlich hatte ich im Laufe meiner herrlichen 35 Jahre als Reporter auch tolle, fetzige Eishockeyspiele übertragen – allerdings stets in einem wirklichen Eishockeystadion. Einmal sogar ein Länderspiel und einmal ein Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Und das sogar noch für Nürnberg und zwar im alten Linde.
Plötzlich meldeten sich bei mir viele eingefrorene Nürnberger Stadion-Bilder im alten Kopf: alle Aufstiege, alle Abstiege, einige Länderspiele, Europa-Pokal-Spiele, Bundesligaspiele, Spiele der 2. Bundesliga, Regionalligaspiele, Spielabsagen, Spielabbrüche, Reportagen aus dem Innenraum und einmal sogar live vom Spielfeld kurz vor Schluss beim Club-Spiel gegen Quelle Fürth, als sogar ein Spielabbruch drohte. Ein zweites Buch könnte ich nur darüber schreiben bzw. abendfüllend davon berichten, was ich allein in diesem schönen aber leider wirtschaftlich unrentablen Stadion alles gesehen, gesagt, gelitten und bejubelt habe.
Auf der Aschenbahn, auf dem Stadiondach (!), auf dem Spielfeld (Ja, auch das!), an meinen Reporterplätzen. Am Sonntag werde ich wieder dort sein und im endlich wirklichen Winter einen hoffentlich schönen neuen Rasen bewundern können. Und unseren CLUB!

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2 Antworten zu “Ja, wo bin ich denn hier ?”

  1. michaelg sagt:

    erst mal nachträglich ein frohes neues jahr, gesundheit , glück und viel viel erfolg wünsche ich dir. ich weiß nicht, ob es dich in den 80 igern hier nach Iserlohn verschlagen hat. Damals kamen spieler von Schalke nur der Stimmung wegen in die Eishalle am Sailersee und zogen das fazit: gegen iserlohn ist das parkstadion ein Friedhof. Dafür möchte ich an dieser Stelle doch auch mal unserem unvergessenen Big heinz danken. Mit meinem Adoptivsohn bin ich in den 90 igern zu fast allen Spielen des Clubs gefahren, genutzt hat es nichts, er ist der einzigste in der großén familie, der auch in dieser sache in die Oposition ging und zum eigefleischen bayern Fan mutierte. Mit den Auf und Abstiegen muß man immer eines bedenken, ohne den Alt Präsi wäre es noch schlimmer gekommen, Er hat den verein durch kluge Entscheidungen saniert, der weg war bitter aber dem zwang untergeordnet. Was mich aber unglaublich stolz macht auf meinen Club ist die Aktion am 22.01, der 1 FcN im nationalsozialismus. Nicht verdrängen, aufarbeiten. Mein tiefer respekt
    Michael

  2. GueKo sagt:

    DANKE für Deine Antwort, Deine Hinweise und Deine Ermutigung!

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