EM KOLUMNE 2008 (5) aus WIEN – DICHTER am Ball…

( erschienen jeweils in 10 deutschen Tageszeitungen )

…sind sie nicht. Schon eher am Wort. Wenn aber die fußball- besessenen Lyriker, Romanciers und Dramatiker zweier Länder einer Sprache statt zum Laptop oder Stift zu Schienbeinschonern, Muskelöl und Fußball greifen, ist Alarm bei allen kopf gesteuerten Kickern angesagt: Österreich gegen Deutschland! Der wahre Titelkampf. wurde gestern in Wien im 10.Bezirk auf dem städtischen Sportplatz Eibesbrunnergasse 13 angepfiffen. Schließlich war wieder Montag. Doch Dichter sind einfallsreich. Es musste mehr herausspringen als ein schmuckloses 1:0-egal für wen.
Nicht Macho, Stranzl, Aufhauser und Ivanschitz gegen Lehmann, Lahm, Ballack u. Co. Nein, an diesem Montag: ging es um etwas, das dauerhaft zählt, nämlich:
Wer kann besser kicken, wer kann besser schreiben..? Ösis oder Piefkes? Erst die scharfen Flanken auf dem Platz, dann die überhöhten Gedanken im Theater.
Mit Versen auf den Lippen liefen für Deutschland strahlend ein :Albert Ostermaier, Wolfgang Maria Bauer („Siska“), Christoph Nußbaumeder, Moritz Rinke, Jochen Schmidt, Peter Döring u.a. Für Österreich grätschten, fintierten und zitierten Martin Amanshauser, Georg Bydlinski, Franzobel, Christian Nothegger, Thomas Schafferer. Anders als vor einer Woche im Praterstadion, jagte beim Kick der Dichter im 10.Bezirk ein Höhepunkt den anderen. Tore fielen wie reife Früchte und statt mit Kraftausdrücken sensible Schiedsrichterseelchen zu irritieren, wurde in ärgster Bedrängnis höchstens aus eigenen Werken zitiert. Das turbulente Gespräch mit dem Ball am Fuß endete nach 90 heißen Minuten vor 49 Intellektuellen.8:1 (3:0) für die deutschen Poeten.(Torschützen für Deutschland Schmider 3,Siska 2,Rinke 1,Siemens 1,Wagner 1).
Da jedoch die literarische Nachspielzeit im Burgtheater bei Redaktionsschluss immer noch andauerte, kann der endgültige Sieger nur erahnt werden- zumal sich ja über moderne Literatur ähnlich wie über modernen Fußball stundenlang trefflich streiten lässt. Daher gebe ich mit einem lauten „Tor für alle Dichter“ aus Wien zurück nach Deutschland.

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